Episode 03: Hinter der Maske – Teil 2

Hinter der Maske

Durch Zufall erfahren Jerad und T’Liza von Laytons Vorhaben, den unbequemen Captain Sisko als Wechselbalg zu „entlarven“. Auf der Suche nach Beweisen werden sie verhaftet und landen in einer Arrestzelle der USS LAKOTA, zusammen mit der abtrünnigen „Red Squad“-Kadettin Kilari Kayn.
Die USS CASABLANCA wird derweil zum Patrouillendienst an der cardassianischen Grenzeabkommandiert. Ein Befehl Admiral Laytons bringt sowohl Prescott als auch Lairis ineinen schweren Gewissenskonflikt. Der Captain schmiedet schließlich einen gewagtenPlan – und begibt sich selbst in tödliche Gefahr …

Status:  fertig

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1. Kapitel: Ein kühner Plan

Admiral Layton blickte von einem Datenpadd auf, als Captain Erica Benteen sich räusperte. „Sie wollten mich sprechen, Sir?“
Der Admiral erhob sich und deutete ein Lächeln an. „Setzen Sie sich doch.“ Benteen gehorchte. „Unsere Techniker sind der Lösung schon ganz nahe … wenn alles gut geht, haben wir heute Abend wieder Strom.“
Captain Benteen lächelte erleichtert. „Das freut mich, Sir!“
Layton spazierte in seinem Büro auf und ab und strich nachdenklich über seinen Bart. „Sobald die Energieversorgung wieder funktioniert, senden wir einen Bericht über die Entführung von Captain Lairis und Kadett Kitamura auf allen Datenkanälen. Das Volk der Erde soll wissen, mit welchem Feind es zu tun hat. Vor allem dürfen die Leute nicht vergessen, was die Sternenflotte tagtäglich für sie riskiert – trotz aller … tragischen Fehler, die von nervlich überlasteten Offizieren wie Lieutenant Gregor Beck begangen wurden.“ Er warf der jungen Frau einen ernsten Blick zu. „Lairis und Kitamura haben ein Martyrium hinter sich, dass sich die meisten Erdbewohner nicht mal vorstellen können: Als sie sich in trügerischer Sicherheit wiegten, wurden sie von Wechselbälgern entführt, in einer toten Stadt gefangen gehalten und stundenlang gefoltert … trotzdem haben Sie dem Feind keine Informationen preisgegeben. Auch das muss unbedingt erwähnt werden … Speichern Sie es!“
Benteen speiste die Worte in ihr Datenpad. „Aber die Sache mit dem Virus …“
„Darf selbstverständlich nicht bekannt werden. Aber vergessen Sie nicht: gefoltert! Dieses Wort darf auf keinen Fall fehlen. Haben Sie alles?“
Benteen nickte.
„Einwandfrei! Schicken Sie das Ganze an die Presseabteilung.“
Für einen Moment stieg Ärger in Benteen hoch, weil der Admiral sie immer noch wie seine Adjutantin behandelte, obwohl sie inzwischen Captain war. Aber sie ließ sich nichts anmerken.
Layton packte ihr ein zweites Padd obendrauf. „Und das bringen Sie bitte zum Personalbüro.“
„Was ist das?“ fragte sie neugierig.
„Captain Lairis’ Versetzungsurkunde.“
„Versetzung? Wohin?“
„Sie darf nahe der Entmilitarisierten Zone Patrouille fliegen, sobald die Energie wieder eingeschaltet ist. Glauben Sie mir: als Heldin im Fernsehen ist diese Frau wesentlich nützlicher, als wenn sie in Fleisch und Blut auf der Erde rumläuft.“
„Das glaube ich Ihnen aufs Wort!“ Benteen schmunzelte. „Ich hätte zu gern ihr Gesicht gesehen, als sie erfahren hat, dass sie nicht das Kommando führen darf! So großkotzig, wie sie mir gegenüber aufgetreten ist, sah sie sich ja schon als Retterin der Welt!“
Laytons Miene verfinsterte sich. Er war ein Mann, der zu seinen Entscheidungen stand – selbst wenn er sie heimlich bereute. Die ganztägige Ausgangssperre war so eine Entscheidung. Nun wurde das Volk wenigstens gut versorgt und er brauchte nicht öffentlich zurückzurudern. Layton hätte es niemals zugegeben, doch insgeheim war er Lairis dankbar. Ein scheußliches Gefühl! „Es war ihre Idee. Ohne sie hätte dieser schamlose Akt der Sabotage noch mehr Leben fordert“, erwiderte der Admiral streng. „Allerdings würde ich die USS DEFENDER nie einem Captain geben, der nicht mein vollstes Vertrauen genießt. Dafür steht zuviel auf dem Spiel.“
„Und ihr Ingenieur? Vertrauen Sie dem?“
„Nicht wirklich. Aber Lieutenant van de Kamp steht in dem Ruf, ein Pragmatiker zu sein. Er wurde vor vollendete Tatsachen gestellt und vielleicht versteht er sogar deren Sinn. Auf alle Fälle wird er den Mund halten, um sich nicht selbst in Schwierigkeiten zu bringen.“
„Hoffen wir es!“
„Sie dürfen wegtreten, Captain.“
„Ja, Sir.“ Eiligen Schrittes verließ Benteen das Büro.
Auf dem Gang kam sie an Counselor T’Liza vorbei und nickte ihr flüchtig zu.
Die Vulkanierin erwiderte den Gruß ebenso kurz angebunden. Sie kannte Benteen seit ihrer Versetzung ins Hauptquartier, aber ihr Kontakt beschränkte sich auf wenige nichts sagende Höflichkeitsfloskeln. Allerdings hatte sie das Gespräch zwischen ihr und Layton mitbekommen und dabei etwas Wichtiges erfahren: Falls Layton tatsächlich einen Staatsstreich plante, war seine ehemalige Adjutantin nicht eingeweiht.
T’Liza befand sich auf dem Weg zur Treppe, als erneut Stimmen aus Laytons Büro drangen. Sie blickte sich nach allen Seiten um und als sie niemanden entdeckte, schlich sie auf Zehenspitzen zurück. Dann lehnte sie sich gegen die Wand und als ein anderer Offizier vorbei kam, tat sie so, als würde sie hoch konzentriert über einem Datenpadd brüten.
Der Admiral schmetterte Worte und Sätze wie Tennisbälle durch den Raum, und T’Liza fing sie mit ihren scharfen vulkanischen Ohren problemlos auf. Doch die Stimme seines Gesprächspartners – näselnd, nuschelnd und offensichtlich verzerrt durch ein elektronisches Gerät mit schwacher Batterie – war beim besten Willen nicht zu verstehen.
Nun senkte auch Layton die Stimme und es wurde für T’Liza immer schwerer, die Unterhaltung zu verfolgen. Aber die Satzfetzen, die sie aufschnappte, ließen ihre Finger klamm werden.
„… keinen vertrauenswürdigen Mann einsperren“, sagte der Admiral gerade. „Aber sobald ich berechtigte Zweifel an seiner Loyalität hege …“
Verdammt, warum konnte der andere Kerl nicht deutlicher sprechen!
„… alles vorbereitet, um ihn unschädlich zu machen, wenn nötig.“
Die Vulkanierin atmete heftig ein und aus.
„Ja, ich habe an alles gedacht. Auch an Wechselbalg-Protoplasma.“
T’Liza musste sich streng zur Ordnung rufen. Sie besaß nicht genügend Informationen, um sich irgendwas zusammenzureimen. Dennoch …
„… niemand wird auf die Idee kommen, dass ein Bluttest gefälscht …“
Darum ging es also! Mehr brauchte T’Liza nicht zu wissen. Ihre Beine fühlten sich ziemlich wackelig an, als sie das Gebäude verließ.
„Lieutenant Commander T’Liza! Ich grüße Sie!“ rief ihr eine bekannte männliche Stimme nach.
Es war nur Jerad, aber die Counselor zuckte regelrecht zusammen.
„Ich wusste gar nicht, dass Vulkanier so schreckhaft sind“, zog der Trill sie auf.
„Bin ich auch normalerweise nicht. Was tun Sie hier, Commander? Ich dachte, Sie wären auf der DEFENDER, mit Captain Lairis und den anderen.“
„Captain Lairis ist auch nicht auf der DEFENDER. Sie ist krankgeschrieben.“ Jerad musterte die Vulkanierin, als ob sie das eigentlich wissen müsste.
„Ich bin hier nur die Psychologin. Wenn es um militärische Entscheidungen geht, gehöre ich zu den Letzten, die etwas Neues erfahren.“
„Dann wissen Sie es jetzt: Captain Philipp Edwardson hat die DEFENDER übernommen und ich vertrete Captain Lairis auf der Erde.“
„Philipp Edwardson? Letzte Woche war er noch Captain der Lakota, vorher diente er als Erster Offizier auf der PRETORIA, nachdem Lairis das Schiff verlassen hatte.“ Sie streifte den Trill mit einem bedeutungsvollen Blick. „Layton hat in letzter Zeit sehr viele Offiziere befördert, die früher unter ihm gedient haben. Vorausgesetzt, er ist gut auf sie zu sprechen.“
Jerad nickte. Auf Lairis war der Admiral nicht gut zu sprechen … und auf ihn wahrscheinlich auch nicht. Lieutenant van de Kamp hatte eine „Streng Vertrauliche Dienstsache“ erwähnt. Mehr wollte der Ingenieur dazu nicht sagen. Weder Jerad noch Prescott oder Lairis hatten nachgebohrt. Aber die Neugier trieb ihn trotzdem um: Was barg die USS DEFENDER für Geheimnisse, die er und Captain Lairis nicht erfahren sollten? Die Affäre mit Lairis Ilana auf der Akademie hatte Jerad Silgon einen Eintrag in seiner Dienstakte beschert … Genügte das bereits, um ihn als unsicheren Kandidaten abzustempeln?
Er fragte T’Liza, doch die Vulkanierin konnte ihm keine Antwort geben.
„Ich kenne auch nur Gerüchte. Eins davon heißt, die DEFENDER hätte eine Tarnvorrichtung.“
„Würde mich nicht sonderlich überraschen“, meinte der Trill.
„Was ich eben erfahren habe, überrascht mich mehr“, erwiderte T’Liza steif.
Jerad blickte sie neugierig an, die Vulkanierin zog ihn in einen abgeschiedenen Winkel von Boothbys Garten und legte die Finger an seine rechte Schläfe. „Darf ich?“

„Meinetwegen. Das einzige, was ich zu verbergen habe, sind die Staubmäuse unter meinem Bett.“ Er lächelte halbherzig.
Die Counselor teilte ihm telepathisch mit, was sie an Gesprächsfetzen aufgeschnappt hatte. Der Trill wirkte nun ebenso schockiert und verwirrt, wie sie sich fühlte. „Soll das heißen, Layton will jemanden kaltstellen, indem er ihn als Wechselbalg einbuchtet und den Bluttest fälscht?“
„Das ergibt sich für mich aus der Logik.“
„Und wen? Captain Sisko?“
„Das weiß ich nicht.“
„Na ja, von allen Offizieren, die Layton eventuell gefährlich werden könnten, ist er der einzige, der mir einfällt. An erster Stelle steht natürlich Lairis – aber da von einem Mann die Rede war, wird sie wohl nicht gemeint sein.“
„Außerdem hat er einen anderen Weg gefunden, Lairis kaltzustellen: Er schickt sie zum Patrouillendienst in die Badlands, sobald wir wieder Strom haben und die CASABLANCA wieder raumtauglich ist.“
„Also doch.“ Ein Schatten legte sich über das Gesicht das Commanders und er heftete seinen Blick verbissen auf die ferne Golden Gate Bridge. „Was tun wir jetzt?“
„Mir fällt im Moment nichts ein.“
Jerad grübelte, das Gesicht minutenlang starr gen Westen gerichtet. Dann wandte er sich plötzlich um, legte T’Liza beide Hände auf die Schultern und sah sie an, als wollte er sie hypnotisieren. „Sie haben gesehen, wie Layton eine Phiole mit Wechselbalg-Protoplasma in seinen Safe gelegt hat … konnten Sie zufällig auch den Code entziffern?“
„Leider nur drei Zeichen.“
„Das genügt vielleicht sogar. Die meisten dieser Codes sind nur fünfstellig.“
„Was haben Sie vor?“ fragte die Vulkanierin misstrauisch. „Sie wollen doch nicht etwa in Laytons Büro einbrechen und das Protoplasma stehlen!“
„Doch, genau das habe ich vor.“ Er lächelte schief. „Wenn das Protoplasma verschwunden ist, muss sich Layton einen Plan B überlegen.“
„Wahrscheinlich hat er längst einen Plan B“, gab T’Liza illusionslos zurück. „Außerdem kann es durchaus sein, dass er noch mehr Vorräte von diesem Protoplasma besitzt.“
„Unwahrscheinlich. Odo soll ziemlich heikel sein, was seine Körperflüssigkeiten angeht. Und selbst wenn wir Pech haben und Sisko trotzdem ins Gefängnis wandert, hätten wir Beweismittel, mit denen wir an die Presse gehen können.“
„Das ist kein Plan, sondern eine fixe Idee! Wir könnten Sisko einfach warnen …“
„Können wir, aber das wird ihm nichts nützen.“
„Dann sollten wir das Ganze wenigstens noch einmal gründlich durchdenken!“
„Aber nicht zu lange zögern. Laytons Vorzimmerdrachen ist gerade auf der LAKOTA und führt Buch über die Lebensmittelverteilung. Die Notenergie wurde streng rationiert, also haben wir wahrscheinlich Glück, dass die Alarmanlagen ausgeschaltet sind. Der Zeitpunkt könnte also nicht günstiger sein! Wenn die Energie wieder eingeschaltet ist, haben wir keine Chance mehr, in Laytons Büro einzubrechen. Dann müssten wir schon jemanden beim Orion-Syndikat anheuern, der uns den Weg freischießt und anschließend den Türcode knackt.“
„Oder umgekehrt.“
Jerad marschierte entschlossen los, aber T’Liza hatte ihn schnell eingeholt. „Glauben Sie im Ernst, wir können in Laytons Büro eindringen, seinen Safe aufbrechen und Sisko den Hals retten, ohne dass unsere eigenen Hälse in festen Schlingen baumeln werden? Entschuldigen Sie, aber da halte ich es für wahrscheinlicher, dass ein Klingone zum Pazifismus bekehrt wird!“
„Sie haben wohl Recht“, lenkte Jerad ein. „Wahrscheinlich kommen wir beide vors Kriegsgericht, aber ich lasse nicht zu, dass Captain Sisko oder irgendein anderer unschuldiger Mann ans Messer geliefert wird, weil er Layton im Weg ist! Ich frage mich, was Captain Lairis an meiner Stelle tun würde …“
„Ich vermute, sie würde sich ein Ablenkungsmanöver einfallen lassen – und zwar ein richtig gutes. Der Chef der Sternenflotte lässt sein Büro niemals unbeaufsichtigt, schon wegen der Wechselbälger …“
Jerads Augen leuchteten auf. „Das ist es!“
„Was?“
„Wechselbälger. Sie sprachen von einem Ablenkungsmanöver … Wo finde ich Odo?“
„Ich führe Sie zu ihm.“
„Dann sind Sie also dabei?“
„Offenbar sind Sie von Ihrem wahnwitzigen Vorhaben nicht abzubringen und mein Denken ist viel zu sehr von Ethik eingetrübt, um Sie allein in Ihr Verderben rennen zu lassen.“

* * *

Sie helfen uns?“ Jerad konnte es nicht so recht glauben. Odo von seiner Idee zu überzeugen, hatte er sich wesentlich schwieriger vorgestellt.
„Ich wurde in den letzten Tagen so oft erschossen, dass es auf zwei oder drei Mal mehr nicht ankommt“, erwiderte der Formwandler trocken. „Außerdem erwischen sie mich sowieso nicht.“
„Erschossen?“ hakte Jerad nach.
„Die richtige Phasereinstellung für das Aufspüren von Wechselbälgern hätten sie nicht ohne Versuchskaninchen herausgefunden“, erklärte Odo grimmig.
„Das tut mir Leid.“
Odo winkte ab. „Sie werden gleich merken, wie schwierig es ist, einen Wechselbalg tatsächlich aufzuhalten. Layton ist dabei, die eigenen Gesetze auszuhebeln, für das, was er Ordnung nennt. Mein Volk hat genauso angefangen, weil es bedroht wurde oder sich auch nur eingebildet hat, bedroht zu werden. Sie sehen ja heute, was dabei herausgekommen ist!“
„Wo ist Captain Sisko?“ wollte T’Liza wissen.
„In einer Besprechung mit Admiral Layton.“
„Ausgerechnet!“
„Also dann: Gute Jagd!“ Jerad lächelte dem Formwandler dankbar zu.
Odo nickte nur, verwandelte sich in eine Fliege und folgte ihnen unauffällig, indem er die Decke entlang krabbelte. Ein junger menschlicher Mann und eine Andorianerin hielten Wache an Laytons Vorzimmertür. „Kann ich Ihnen helfen, Sir?“ fragte menschliche Fähnrich, als Jerad für einen Moment unschlüssig stehen blieb. Die Andorianerin musterte ihn scharf, die blauen Fühler wachsam nach vorn gereckt.
„Ich muss den Admiral kurz sprechen“, antwortete der Trill mit einem unschuldigen Lächeln.
„Worum geht es?“
„Ach, nur um meine letzten Instruktionen. Mir ist da manches unklar.“
„Vielleicht kann Ihnen ein Mitarbeiter des Admirals weiterhelfen …“
Jerad schüttelte den Kopf. „Danke, aber das bezweifle ich.“
„Der Admiral befindet sich gerade in einer Konferenz mit hochrangigen Sicherheitsoffizieren.“
„Alles klar, dann komme ich später noch mal vorbei.“
Die Fliege hatte sich mittlerweile in eine Deckenplatte verwandelt und fiel dem jungen Wachmann auf den Kopf. Er sank zusammen, seine Augen verdrehten sich, bis nur noch das Weiße zu sehen war. „Fähnrich!“ rief die Andorianerin schrill. Als sie sich über ihn beugte, wurde sie grob zur Seite gestoßen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sie sich ihren Ellbogen während eine goldene lissepianische Feuerschlange mit atemberaubender Geschmeidigkeit durch die Tür schlüpfte. Einem Dämon gleich, malte sie brennende Schleifen in die Luft, schnell wie der Blitz und genauso gefährlich. Mit ihrem lodernenden Schwanz fegte sie den Schreibtisch leer, hinterließ ein Chaos aus Dreck und Scherben.
Die Phaser gezückt, hasteten Jerad und T’Liza dem vermeintlichen Dominion-Spion hinterher.
„Eindringlingsalarm!“ bellte die Andorianerin in ihren Kommunikator. „Wechselbalg auf Ebene acht! Admiral Laytons Vorzimmer! Ich wiederhole: Wechselbalg auf Ebene acht!“
Von Jerad und T’Liza mit Phasern gejagt, schoss die Schlange wieder hinaus, verwandelte sich mitten im Flug in einen Kolibri und ein halbes Dutzend Sternenflottenoffiziere nahm die Verfolgung auf. Ihre Phaserstrahlen brannten Löcher in den Putz, aber den Wechselbalg verfehlten sie. „Mist, er ist durch die Lüftungsschächte entkommen!“ fluchte die Andorianerin.
„Der Befehl lautet, uns aufzuteilen“, verkündete ein menschlicher Lieutenant.
Die Andorianerin nickte und warf einen fragenden Blick auf Jerad und T’Liza.
„Wir können Laytons Büro bewachen“, bot der Trill an.
„Hoffentlich sind Sie dabei erfolgreicher, als ich!“
„Nicht beleidigt sein, aber als Vulkanierin habe ich überlegene Reflexe“, konterte T’Liza.
Die Andorianerin wirkte jedoch nicht beleidigt. „Also dann, viel Glück!“
„Ihnen auch.“
„Und behalten Sie sich gegenseitig im Auge!“
Die Andorianerin beugte sich über den leblosen Fähnrich und atmete erleichtert auf, als sie seinen Puls fühlte. „Fähnrich Connelly lebt noch.“ Sie rief ein medizinisches Notfallteam, das ihn auf die Krankenstation brachte.
Zwei Sekunden später piepte ihr Kommunikator. „Hier Commander Hillard. Lagebericht?“
„Der Wechselbalg ist nicht mehr hier. Hat ne ziemliche Verwüstung im Vorzimmer angerichtet:
Ein paar zerbrochene Kaffeetassen und Blumentöpfe, nichts Schwerwiegendes.“
„Wurde irgendwas gestohlen?“
„Nein, wir konnten das Biest rechtzeitig verjagen.“
„Gut, Lieutenant. Den Wechselbalg zu fangen, hat Priorität. Aufräumen können wir später.“
„Verstanden, Sir. Eine Bitte hätte ich noch …“
„Ja?“
„Ich bekomme Wachablösung, Sir. Mit Ihrer Erlaubnis würde ich gern auf Formwandler-Jagd gehen.“ Die Aussicht, vom langweiligen Wachdienst entbunden zu werden, ließ ihre Augen kampflustig aufleuchten.
„Erlaubnis gewährt. Sie bilden ein Team mit Fähnrich Beroth auf Ebene sechs.“
Die Tür zu Laytons Büro stand einen Spalt offen und T’Liza schlüpfte hindurch. „Halten Sie draußen Wache. Ich versuche, den Safe aufzukriegen“, sagte sie zu Jerad. „Wenn Sie etwas Verdächtiges bemerken, rufen Sie mich einfach. Ich hab meinen Kommunikator auf eine Ultraschallfrequenz eingestellt, so dass ich das Signal hören kann, die meisten Humanoiden jedoch nicht. Wenn ich den Code geknackt habe, komme ich einfach raus.“
Der Trill hielt sein Gewehr feuerbereit und tat so, als würde er auf Wechselbälger lauern. Die anderen Sternenflottenoffiziere tasteten mit ihren Phasern Decken und Wände ab. Jerad musste sich und T’Liza beglückwünschen: Dieses Anlenkungsmanöver war einfach perfekt!
Doch die Zeit dehnte sich unerträglich und mit jeder Minute, die verstrich, wurde der Trill nervöser. Seine Uniform sog den Schweiß aus den Achselhöhlen auf und der Kragen fühlte sich an wie eine Schlinge, die sich immer enger um seinen Hals zog.
Als zwei Offiziere in gelben Uniformen auf ihn zutraten, blieb ihm wahrhaftig die Luft weg. Verdammt, was mochten sie von ihm wollen?
Die Männer kamen gleich zur Sache: „Sind Sie ohne Partner unterwegs, Sir?“ vergewisserte sich der ranghöhere, ein Lieutenant Commander.
„Natürlich nicht“, erwiderte der Trill. Er war stolz auf sich, denn seine Stimme zitterte kein bisschen. „Meine Partnerin sieht sich da drin ein wenig um.“
„Das ist Admiral Laytons Büro!“
„Keine Sorge, ich war nur im Vorzimmer.“ Beim Klang von T’Lizas Stimme entspannte sich Jerad ein wenig. „Wir sollen die Schäden begutachten, die der Wechselbalg hier angerichtet hat.“
Hoffentlich kommen die beiden Nussknacker nicht auf die Idee, sich den Befehl bestätigen zu lassen! dachte Jerad mit einem Anflug von Panik.
Doch sie schienen sie sich darauf zu verlassen, dass Vulkanier nicht lügen.
„Dass mein Partner derweil vor der Tür Wache hält, dient nur meinem Schutz vor gewissen ungebetenen Besuchern in Flüssigform.“ Mit diesen Worten trat die Vulkanierin auf den Gang hinaus, einen Phaser in der Hand und ein herausforderndes Funkeln in den Augen.
„Wir haben die Anweisung, niemals allein zu operieren! Während Sie das Vorzimmer durchwühlt haben, kann Ihr Partner längst durch den Wechselbalg ersetzt worden sein!“
„Sie können sich gern vom Gegenteil überzeugen“, entgegnete T’Liza kühl und der Trill entblößte prompt seinen Unterarm. Nachdem die beiden Sicherheitsoffiziere ihre Bluttests hinter sich gebracht hatten, zogen sie ab.
„Das war knapp!“ raunte Jerad. „Wie weit sind Sie?“
„Es ist ein Code aus Buchstaben und Ziffern. Sehr kompliziert.“
Jerad verkniff sich ein Stöhnen und postierte sich wieder vor der Tür. Lange Zeit kümmerte sich niemand um ihn. Dann stürzte eine junge Frau in blauer Uniform auf ihn zu, ihr Blick huschte unruhig hin und her. „Der Wechselbalg … er ist wieder hier oben, auf dieser Ebene! Er hat meine Partnerin außer Gefecht gesetzt … darf ich mich Ihrem Team anschließen?“
Das nennt man böse Falle, dachte der Trill frustriert. Wenn er die Frau abwies, würde sie Verdacht schöpfen, wenn nicht, brauchte er ganz schnell eine Gelegenheit, um sie wieder loszuwerden. „Selbstverständlich“, stimmte er schließlich zu und brachte sogar ein Lächeln zu Stande. „Ist doch in Ordnung, oder, T’Liza?“ rief er in den Raum hinein.
„Kein Problem. Sie kann mir helfen, die Wände im Vorzimmer abzutasten.“
„Sie meinen … der Wechselbalg ist wieder da drin?“
„Nicht sehr wahrscheinlich, aber durchaus möglich.“
Als der weibliche Fähnrich ihr den Rücken zuwandte, nutzte T’Liza die Gelegenheit sofort: Mit Daumen und Zeigefinger umfasste sie ihren Nacken und drückte blitzschnell zu. Die Frau sank bewusstlos zusammen. T’Liza stützte sie, damit sie nicht mit dem Kopf auf den Boden schlug.
„Bitte keine Überraschungen mehr!“ zischte der Trill entnervt.
Doch die nächste Überraschung ließ nicht lange auf sich warten: Drei Männer näherten sich mit schnellen Schritten. Es war zu dunkel, um ihre Gesichter in der Ferne zu erkennen … die rote Uniform, die einer von Ihnen trug, erkannte Jerad sehr wohl. Und die silbernen Streifen, die im Licht der Taschenlampen aufblitzten … Ein Admiral!
Unauffällig berührte Jerad seinen Kommunikator, aber T’Liza ließ sich nicht blicken. Himmel, nun beeil dich oder lass uns hier verschwinden! flehte er in Gedanken. T’Liza ein zweites Mal zu rufen, wagte er nicht. Er wagte es noch nicht einmal, sich von der Stelle zu rühren!
„Ich hab’s“, flüsterte sie ihm zu, als sie endlich herauskam.
Aber es war zu spät, um sich darüber zu freuen. Die Männer waren jetzt nah genug, um ihre Gesichter zu erkennen. Jerads Mut sank auf einen Tiefpunkt. Das war nicht irgendein Admiral – das war Layton! Flankiert von einem Sicherheitsoffizier und einem Arzt.
„Haben Sie in meinem Büro etwas Bestimmtes gesucht, Counselor?“ fragte er streng.
„Der Wechselbalg war in Ihrem Büro. Wir haben ihn rauskommen sehen, aber leider nicht erwischt.“ Jerad staunte über seine Fähigkeit, zu schauspielern, obwohl sein Herz wie eine klingonische Kriegstrommel schlug.
Layton schob sich an ihnen vorbei und betrat sein Büro. Die beiden Männer folgten ihm.
„Mein Safe ist aufgebrochen worden!“ stellte der Admiral mit unüberhörbarem Groll in der Stimme fest. „Und er ist leer!“
„Ach du Sch…“ rief Jerad und wunderte sich erneut über seine schauspielerischen Talente.
„Wir sind zu spät gekommen“, ergänzte T’Liza betrübt. „Es tut uns Leid, Sir.“
„Was ist mit den Wachen passiert?“ fragte er gepresst. Seine Stirn zog sich in Falten.
„Ich glaube, eine liegt hier auf dem Teppich“, mischte der Arzt sich ein und deutete auf die bewusstlose Frau. Je länger er sie mit dem Tricorder scannte, desto finsterer wurde seine Miene.
„Der Wechselbalg muss sie überwältigt haben“, erklärte T’Liza.
„Mein Büro wird von zwei Leuten bewacht … wo ist der andere?“ fragte Layton scharf.
„Keine Ahnung“, antwortete Jerad.
Der Admiral sah mehr als skeptisch drein und sein Arzt hielt den Tricorder wie ein belastendes Beweisstück hoch. „Überwältigt? Wie? Niedergeschlagen? Gewürgt? Wohl kaum! Ich konnte keine Einwirkungen äußerer Gewalt feststellen.“ Er legte eine dramatische Pause ein, wobei Jerad regelrecht schwindelig wurde. T’Liza versteifte sich unter dem durchdringenden Blick des Arztes, der nur ihr zu gelten schien. „Das einzige was ich gefunden habe, waren zwei Druckstellen am Hals, die auf einen vulkanischen Nackengriff hindeuten.“
Für den Bruchteil einer Sekunde flackerte Panik in T’Lizas Augen auf.
Layton musterte sie abschätzig. „Ich traue ihr schon lange nicht mehr. Durchsucht sie!“
Der Arzt scannte sie von Kopf bis Fuß, während der Sicherheitsoffizier seinen Phaser auf sie richtete. Sie musste ihre Jacke ausziehen, Layton schüttelte sie, bis das Korpus Delicti heraus fiel: Eine Phiole mit Wechselbalg-Protoplasma … gefolgt von einem Micro-Datenpadd.
„Was sagen Sie dazu?“ fuhr er sie mit schneidender Stimme an.
Für einen Augenblick schwieg sie betreten, genau wie Jerad. Doch dann hob sie den Kopf, reckte das Kinn vor und erwiderte den stählernen Blick des Admirals mit der selben Härte. „Was sagen Sie dazu, dass sich Wechselbalg-Protoplasma in Ihrem Safe befindet? Zusammen mit der Bauanleitung für einen Micro-Transporter, getarnt als Hypospray? Alles, was man braucht, um einen Bluttest zu fälschen …“
Der Admiral wurde bleich. „Sie sind ja paranoid! Sie brauchen selbst einen Counselor!“
Doch seine beiden Männer sahen sich stirnrunzelnd an und tuschelten hinter seinem Rücken.
„Wie konnten Sie überhaupt so tief sinken, in mein Büro einzubrechen? Ehrbare Sternenflottenoffiziere wie Sie!“ Layton sah zuerst T’Liza, dann Jerad an.
„Eben, weil wir ehrbare Sternenflottenoffiziere sind“, entgegnete der Trill.
„Ich gestehe, wir haben den Wechselbalg-Angriff ausgenutzt, um Ihr Büro zu durchsuchen … aber das hätten wir nicht getan, wenn Sie nicht in Erwägung ziehen würden, einen unbequemen Offizier als Formwandler zu ‚enttarnen’ …“
Es kostete Layton alle Mühe, sich unbeeindruckt zu geben. „Haltlose Anschuldigungen! Sie haben keinerlei Beweise!“
„Leider nicht, die haben Sie eben konfisziert.“
„Wie kommen Sie überhaupt auf so eine absurde Idee?“
„Sie haben eine laute Stimme und ich habe gute Ohren.“
„Und wir haben auf der LAKOTA noch eine Zelle frei“, gab Layton eisig zurück. Er aktivierte seinen Kommunikator und vier weitere Sicherheitsoffiziere erschienen. „Nehmen Sie den Trill und die Vulkanierin fest.“
„Was wird ihnen vorgeworfen?“ fragte ein junger, neugieriger Fähnrich.
Layton zögerte einen Augenblick mit der Antwort. „Spionage. Eventuell Hochverrat.“

TO BE CONTINUED ….

© 2007 by Adriana Wipperling

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